Campuslife #week30

Irgendwann findet dann doch alles sein vorläufiges Ende. Die erste Woche unseres Online-Distance Learning Programms sollte zugleich auch meine vorläufig letzte Woche am United World College Costa Rica für mich werden. Doch der Reihe nach...

Pünktlich um 7.30 Uhr starteten am Montagmorgen erneut unsere Klassen, wenn auch mit einem etwas veränderten Zeitplan. Während die Trockenzeit gefühlt immer trockener, heißer und schöner wurde, ist mit der Zeit aber auch mein Stresslevel in Bezug zu meiner Rückreise nach Deutschland immer weiter gestiegen. Angemeldet war ich ja bereits auf allen möglichen Portalen, die Auskunftsfähigkeit des Auswärtigen Amtes sowie der Deutschen Botschaft in Costa Rica ließen jedoch zu wünschen übrig. Und es sollte nicht besser werden... Am Montagabend trat der costa-ricanische Präsident vor die Medien; weitere Restriktionen wurden bekannt gegeben und auch mein erst kürzlich ausgestellten Studentenvisum sollte eingezogen werden, sollte ich nicht heute noch ausreisen. Folglich galt es zumaßen mit der Schule, die Notfallnummer der Deutschen Botschaft zu kontaktieren, weitere Informationen über meinen möglichen Rückflug zu sammeln und um diplomatische Hilfe im Bezug zu meinem Visum zu bitten. Doch jede Erwartung und Hoffnung sollte hier zerschmettert werden; im Gegenteil durfte ich mit in diesem Gespräch noch mit Vorwürfen des Missbrauchs amtlicher Nummern auseinandersetzen. 

Es ist Dienstagmorgen in Costa Rica. Noch immer habe ich keinen blassen Schimmer, wann ich zurück nach Deutschland kommen werde. Auch wenn die allgemeine Stimmung auf dem Campus noch immer gut ist, vermag ich zu behaupten, dass dies durch die schlechte Stimmung einiger Leute auch bald zu Ende gehen könnte - das Experiment einer kompletten Schließung ist dann eben doch noch einmal für viele etwas anderes. Gerade aufgestanden und gefrühstückt, aktualisierte ich dann die offiziellen Kanäle der deutschen Botschaft. Gestern Abend ging ein Flieger. Mit Minderjährigen, Familien und Hilfsbedürftigen Deutschen. Erneut rief ich in der Botschaft an. Nachdem ich dieses Mal etwas direkter geworden bin, nachdem versucht worden war, mich mit den Standardsätzen, da wisse man nichts von und da müsse man warten und könne mir nicht helfen, abzuwimmeln, wurde ich dann doch endlich einmal weiter verbunden. Warum ich meinen Flug gestern Abend denn nicht angetreten bin, wurde ich gefragt. Mir verschlug es fast die Sprache; nach all dem hin und her, den vielen Telefonaten und Fragen, auf die man keine Antworten bekommen hat, all ich nun also den gewünschten Flug verpasst haben? Nach Diskussionen stellte sich heraus... es war gar nicht ich, es war die Botschaft, die einen Tippfehler in der Adresszeile zu verbuchen hatte. Folglich wurde ich auf einen Flug am Mittwochabend, 25. März 2020, gebucht. Meine letzten Stunden als First-Year am UWC Costa Rica waren eingeschlagen... 

Nachdem die letzten Sachen weggepackt und Schulaufgaben für diese Woche größtenteils erledigt waren, verließ ich den Campus am Mittwoch um 16.00 Uhr. In diesem Moment, einen mit Maske und Desinfektionsmittel bewaffneten Taxifahrer vor Augen, wurde mir die aktuelle Situation, in der wir uns wirklich befinden, erst einmal so richtig bewusst. Soeben hatte ich die safe bubble verlassen, mein Flug musste gehen, es musste alles funktionieren, es gab kein zurück mehr. Die Atmosphäre war angespannt, vor allem am Flughafen in San José. Trotz der dringenden Warnungen, vermummten Menschen und den steigenden Fallzahlen hielten sich einmal mehr zahlreiche Deutsche nicht an die ausgesprochenen Warnungen und Verhaltensregelungen - man weiß eben alles besser. Statt dankbar zu sein, wurde gemeckert. Und es ist ja bekannt, dass es um den Abstand zum Schalter und nicht um die Anzahl der Menschen vor keinen geht;( Es ist wirklich traurig zu sehen, dass der Ernst der Lage immer noch nicht erkannt wurde, dass sich Leute damit brüsten, keinen kommerziellen sondern einen Flug der Regierung ergattert zu haben. Dass auch dort eine Rechnung folgen wird, scheint vielen noch nicht klar zu sein. Der geplante Abflug war um 20.50; los ging es um 23.00 Uhr Ortszeit. Die Zustände im Flieger waren nicht gerade beruhigender... Das Tragen von Masken für die Flugbegleiter geschah auf freiwilliger Basis, ausreichend Menschen husteten frei los und als es bei der Ankunft in Deutschland dann hieß, dass zukünftige Rückreisende wahrscheinlich verpflichtend in Quarantäne müssten, lachte man nur noch und war froh, dass man selbst nicht davon betroffen ist. Die Respektlosigkeit anderen gegenüber war wirklich beeindruckend. Um 17.00 Uhr in Frankfurt gelandet, wurden besondere Vorgaben zum Ausstieg bekannt gegeben; auch hier folgten fast ausschließlich Beschwerden. Ferner war der Umgang der Angestellten im Flughafengebäude selber auch äußerst inkonsequent und auf freiwilliger Basis geruhend. Ja, es war erschreckend und besorgniserregend. Der Respekt und die Idee des Schutzes anderer sollte an erster Stelle stehen, stattdessen waren diese Einstellungen bei meiner Rückreise nur im Einzelfall zu sehen.

Um 19.30 Uhr war es dann aber wieder Zeit, positiv nach vorne zu blicken. Nach allen Sicherheitschecks und dem Empfang meines Gepäcks, freute ich mich, nach zuletzt turbulenten Wochen, meine Eltern - wenn auch ohne Umarmung - wiederzusehen. Am Freitag ging es dann auch schon wieder mit dem Unterricht weiter, Langeweile wird in den nächsten Tagen und Wochen auf jeden Fall nicht aufkommen. Trotz meiner Isolation auf dem Campus und allen erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen auf meiner Rückreise, geht es für mich nun erst einmal in zweiwöchige Quarantäne, damit ich mir sicher sein kann, niemanden anzustecken und Verantwortungsbewusstsein zu zeigen. 

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